Licca Liber ist lateinisch und bedeutet „der freie Lech“. Doch der Lech ist schon lange nicht mehr wirklich „frei“. Dies gilt nur in den Lechtaler Alpen, wo er an der Roten Wand entspringt. Früher floss der Lech auf seiner 256 Kilometer langen Strecke bis zur Mündung in die Donau in einem breiten Flussbett mit zahlreichen Nebenrinnen. Hochwasser überflutete regelmäßig die Lechauen, und die transportierten Steine lagerten sich ständig um.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Lech wegen des Hochwasserschutzes begradigt und die Ufer befestigt. Dadurch floss das Wasser schneller und der Fluss vertiefte sich. Die Sohle erodierte, und der sogenannte „Flinz“ kam zum Vorschein. Um 1900 begann der Ausbau der Wasserkraft. Staustufen verhinderten den Kiestransport, sodass unterhalb der Staustufen das nötige Geschiebe fehlte. Dies führte zu einer weiteren Vertiefung des Lechs und zu einem Verlust seines natürlichen Charakters.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie stuft den Lech als „stark verändert“ ein und bewertet sein ökologisches Potenzial als „mäßig“. Daher startete die Bayerische Staatsregierung 2013 das Projekt Licca Liber. Unter der Federführung des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth soll der Lech ab der Staustufe 23 bei Mering bis zur Mündung in die Donau renaturiert werden.

Das Wasserwirtschaftsamt plant dies in einem offenen, transparenten Prozess. Ziel ist es, die Schäden der Kanalisierung zu beheben und den Lech seinem natürlichen Zustand anzunähern. Die Akzeptanz der betroffenen Menschen ist dabei von großer Bedeutung. Wasserwirtschaft und Umwelt sollen gleichberechtigt nebeneinanderstehen, und die Zusammenarbeit mit dem Naturschutz ist ausdrücklich erwünscht.

Die Stabilisierung der Flusssohle ist essenziell, um eine weitere Eintiefung zu verhindern. Dazu kommen Maßnahmen wie Steinrampen, Deichrückverlegungen und Uferaufweitungen, um das Gleichgewicht zwischen angeschwemmtem und wegtransportiertem Kies wiederherzustellen. Welche Maßnahmen in welcher Kombination zum Einsatz kommen, wird im Planungsprozess entschieden. Ein oberster Grundsatz ist, dass sich die Hochwassersituation für niemanden verschlechtert. Auch das Grundwasser darf nicht gefährdet werden, und der Lech soll besser als Naherholungsraum zugänglich gemacht werden.

Das Projekt ist sehr umfangreich und wird viele Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Grob umfasst es vier Abschnitte: Licca Liber I bis IV. Die Bereiche um die Staustufe 22 und den Hochablass in Augsburg heißen Licca Liber I+II. Für Licca Liber I sind die Planungen abgeschlossen; im Februar 2024 wurden die Genehmigungsunterlagen bei der Stadt Augsburg eingereicht. Der Bereich von der Einmündung der Wertach in den Lech bis zur Einmündung des Lechkanals bei Ostendorf wird als Licca Liber III bezeichnet (bis zur Mündung in die Donau ist es dann Licca Liber IV).

Seit April 2024 wird im Rahmen von Licca Liber III die Öffentlichkeit in einem sogenannten „Flussdialog“ eingebunden. Die Bürger hatten die Möglichkeit, sich online einzubringen und Vorschläge zu unterbreiten.

Am 28. November 2024 stellten Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth die Ergebnisse dieses Beteiligungsprozesses in Gersthofen vor. Begleitet wurde der Prozess von der Marketingagentur Lots GmbH aus Leipzig. An sogenannten „Thementischen“ konnten die Teilnehmer mit Projektverantwortlichen sprechen und Fragen zu verschiedenen Themen stellen.

Die Ergebnisse der Online-Umfrage wurden präsentiert, und die zeitliche Umsetzung des Projekts Licca Liber III erläutert. Seit 2000 gilt die Wasserrahmenrichtlinie als EU-Recht. Fachleute des Wasserwirtschaftsamtes erklärten, wie die Umsetzung in nationales Recht gelingen könnte.

Ein zentrales Problem für Licca Liber III ist der parallel zum Lech verlaufende Lechkanal. Dieser Kanal schränkt die Renaturierungsmaßnahmen in Richtung Westen stark ein. Er verursacht drei Hauptdefizite im Lech: eine relativ hohe Wassertemperatur, eine eingeschränkte Gewässerstruktur und einen sehr geringen Wasserdurchfluss.

Obwohl ein Rückbau des Kanals unrealistisch ist, könnte eine Rückführung des Kanals nach dem Meitinger Kraftwerk in Erwägung gezogen werden. Auf der Ostseite sind Flussaufweitungen eher möglich. Geplant sind Maßnahmen wie der Einbau von Totholz oder die Errichtung von Steinbuhnen. Diese würden die Gewässerstruktur verbessern, der Vertiefung des Flussbetts entgegenwirken und das Ufer als Lebensraum aufwerten.

Um der Öffentlichkeit zu zeigen, wie solche Maßnahmen aussehen könnten, sind für 2025 und 2026 an zwei Stellen sogenannte Beispielmaßnahmen oder Musterstrecken geplant. Eine Maßnahme soll bei Flusskilometer 35,5 in der Nähe von Gersthofen und eine weitere bei Flusskilometer 29, unterhalb der Langweider Brücke, erfolgen.

An diesen beiden Stellen wird die Verbauung am Ostufer des Lechs entfernt. Dadurch soll die sogenannte „eigendynamische Entwicklung“ des Flusses gefördert werden. Der Lech wird also in seiner natürlichen Dynamik beobachtet.

Wie geht es mit Licca Liber weiter? Nach dem Flussdialog und dem Umsetzungskonzept im Jahr 2024 werden in diesem und im nächsten Jahr hydraulische Untersuchungen, Restwasserstudien und naturschutzfachliche Untersuchungen durchgeführt. Diese sollen klären, wie sich die Maßnahmen auf das Restwasser und das Kiesgeschiebe auswirken.

Frühestens 2027 wird die Ausschreibung sowie die Entwurfs- und Genehmigungsplanung stattfinden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass abgesehen von den Musterstrecken mit dem Beginn der eigentlichen Maßnahmen und der Planfeststellungsverfahren nicht vor Ende dieses Jahrzehnts oder Anfang der 2030er Jahre gerechnet werden kann.

Das Wasserwirtschaftsamt zeigt großes Interesse daran, die „Leute mitzunehmen“. Die Mitarbeiter freuen sich über alle Meinungen und Hinweise. Es kann sich auf der Homepage des WWA jeder einbringen:

https://www.wwa-don.bayern.de/projekte/licca_liber/flussdialog_2024/index.htm