Bei der Landesversammlung der Freien Wähler am 16.12.2017 in Kirchdorf an der Amper wurde einstimmig die Initiierung eines Volksbegehrens zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzungen (Strabs) beschlossen.

Für die Freien Wähler Meitingen war Vorsitzender Robert Hecht, für die Freie Lechtaler Wählergemeinschaft Herbertshofen war Vorsitzender Stefan Müller vor Ort um das Volksbegehren mit auf den Weg zu bringen.

Der Beschlussfassung gingen einige Reden und Diskussionsbeiträge voraus, welche die derzeitige Lage veranschaulichten und einen Blick auf sinnvolle Lösungen warfen. Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler, Bernhard Pohl, im Bayerischen Landtag Mitglied des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen sowie Prof. Dr. Rainer Kalwait, Verteter der Allianz gegen Straßenausbaubeitrag in Bayern, referierten anschaulich und kurzweilig über die Sachlage und Auswüchse der jetzigen Regelungen. Anschließend kamen einige Vertreter von Bürgerinitiativen und Gemeinden zu Wort und bereicherten das Bild mit eindrücklichen Erfahrungen aus der Praxis vor Ort.

Am Ende war klar, dass die jetzige Regelung eine derart erdrückende Menge an gravierenden Nachteilen hat, so dass sich die Versammlung einstimmig dafür entschied, ein Volksbegehren zusammen mit Bürgerinitiativen zu starten.

Informationen aus der Veranstaltung

Worum geht es?

Derzeit müssen Gemeinden beim Ausbau von Straßen einen Teil der Kosten grundsätzlich auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke umlegen. Das sind oft fünfstellige Summen, die die Betroffenen schnell in große Schwierigkeiten bringen können. Der andere Anteil wird aus Mitteln der Gemeinde bestritten. Bei Anliegerstraßen ist der Anteil der Anwohner hoch, bei Durchgangsstraßen geringer, allerdings auch die Maßnahme in der Regel aufwändiger.

Die Forderung der Freien Wähler ist, den Anteil, den bisher die Anlieger zu tragen haben, künftig aus der Staatskasse zu bezahlen.

Das würde Verwaltungsaufwand sparen, drastische Belastungen Einzelner verhindern und Unfrieden in den Gemeinden vermeiden. Auch wäre dann die Angst vor der Abrechnung kein Grund mehr, Straßenrenovierungen aufzuschieben. Zusätzlich würde es Verhandlungen zu Tauschgeschäften mit Anliegern erleichtern. Oftmals ist es bei Straßenerneuerungen sinnvoll, Flächen mit Anwohnern zu tauschen oder Teile zu erwerben. Dieser hat aber sicher kein Interesse, durch sein Entgegenkommen am Ende die eigene Rechnung zu beschleunigen oder gar zu erhöhen.

Deshalb die Forderung: Die Gemeinde soll sich den Teil, den sie sich bisher von den Anliegern holt, beim Freistaat Bayern holen.

Warum ein Volksbegehren?

Die Freien Wähler haben kürzlich einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht, der jedoch bei den anderen Fraktionen auf Ablehnung stieß.

„Wenn die Regierung schläft, dann muss das Volk die Dinge selbst in die Hand nehmen“ – so Hubert Aiwanger.

Bei den Themen 8-jähriges Gymnasium und Studiengebühren hat sich gezeigt, dass das Volksbegehren ein wirksames Instrument ist, Bewegung reinzubringen. Selbst wenn sie nicht sofort zum Erfolg führen, erhöhen Volksbegehren den Druck erheblich auf die an der Gesetzgebung Beteiligten. In beiden Fällen kam es am Ende doch zur Durchsetzung der Ziele.

Warum gerade jetzt?

Viele Gemeinden haben sich über die jetzige Regelung einfach hinweggesetzt. Ein kürzlich erlassenes Urteil macht die derzeitige Situation jedoch deutlich und erhöht den Druck auf die Bürgermeister und Gemeinderäte in den Gemeinden, die bisher keine Beiträge erheben. Gemeinden, die bisher keine Beiträge erhoben haben, sollen dies also jetzt tun. Dabei stünde sogar schwere Untreue oder Amtsenthebungsverfahren im Raum, wenn man sich dem widersetze. Es wurde von einem Landratsamt berichtet, das einer Gemeinde die Zustimmung zum Haushalt verwehrte, wenn sie solche Beiträge nicht erhebt. Gemeinden wurden auch aufgefordert, jetzt nachträglich Beiträge zu erheben für Straßen, die bereits bis zu 20 Jahre alt sind, aber bisher nicht auf diese Weise abgerechnet wurden.

Es zeigte sich, dass sich seit einigen Monaten die Situation zuspitzt.

Wer zahlt es?

Natürlich Sie! Ihren Beitrag zum Straßenausbau leisten Sie schon jetzt direkt, wenn Sie als Eigentümer einer Immobilie konkret nach einer Baumaßnahme vor Ihrer Haustüre zur Kasse gebeten werden oder indirekt als Mieter. Zusätzlich kommt der Anteil, den die Gemeine übernimmt. Der kommt natürlich auch aus Steuern und Abgaben.  Hier sind sie also ebenfalls dabei, wenn Sie Ihr Vermögen nicht auf einer der Steueroasen angelegt haben und auch nicht zu den Begünstigten deutscher Steuerpolitik gehören, sondern hier in Bayern ordentlich Ihre Steuern und Abgaben zahlen.

Wenn nun zukünftig ein Teil der Kosten aus der Staatskasse bezahlt wird, zahlen es natürlich wieder Sie. Aber nicht als plötzliche fünfstellige Summe, weil gerade zufällig „Ihre“ Straße renoviert wurde, sondern – zum Beispiel – über einen kleinen Teil aus der KFZ-Steuer.

Um wieviel Geld geht es?

Bei dieser Frage muss man berücksichtigen, dass vielerorts Baumaßnahmen schon lange zurückgestellt wurden, weil man die Anwohner nicht belasten wollte (was man derzeit müsste). Deshalb ist der Vorschlag der Freien Wähler, hier vorerst 300 Mio. Euro anzusetzen, statt der normalerweise zu erwartenden 150 Mio. Euro. Bei einem Staatshaushalt von 60 Milliarden Euro sind das also fünf Promille. Zum Vergleich: Heuer erwartet die Staatskasse 600 Mio. Euro unerwartete Steuer-Mehreinnahmen.

Denkbar ist auch, für einen bestimmten Zeitraum der Vergangenheit, bezahlte Beiträge zurückzuerstatten. Sogar das nicht gerade für seinen Reichtum bekannte Berlin hat sich das geleistet.

Warum keine kann-Regelung?

Manche sehen in einer kann-Regelung eine Lösung. Diese würde ermöglichen, dass Gemeinden die entsprechenden Anteile nicht mehr bei den Anliegern kassieren muss, sondern nur noch kann oder darf. Das heißt aber auch, dass sie die Beträge dann selbst bezahlen muss, wenn sie die Anlieger nicht belasten will. Sprich: Aus dem Gemeindehaushalt. Weniger finanzstarke Gemeinden werden es sich also nicht leisten können, die Anwohner zu verschonen. Das macht also finanziell schwächere Gemeinden für Eigentümer zusätzlich unattraktiver. Das ist nicht im Sinne des Zieles „gleiche Lebensverhältnisse“.

Wie geht es weiter?

Über die Feiertage werden die Freien Wähler einen Gesetzesentwurf für das Volksbegehren ausarbeiten. Zusammen mit vielen Bürgerinitiativen werden wir anschließend um Ihre Unterschrift bitten, um den Weg für das Volksbegeheren zu ebnen.

Gut möglich, dass diejenigen, die sich jetzt noch dagegen wehren, das Thema in den nächsten Monaten so oder so ähnlich übernehmen. Wenn dadurch am Ende die jetzige Situation beendet wird, soll es uns recht sein.